„Derzeit fliegen wir 120 Knoten, das entspricht einer Geschwindigkeit von ungefähr 220 Kilometer pro Stunde“, erklärt der Helikopter-Pilot per Funk. Kurz zuvor hatten wir bei strahlendem Sonnenschein die Skyline von San Francisco rechts neben uns gelassen und anschließend östlich der weltberühmten Golden Gate Bridge die Bucht von San Francisco überquert. In nicht allzu weiter Entfernung konnte man die berüchtigte ehemalige Gefängnisinsel Alcatraz erkennen. Die spektakuläre Aktion ist der Auftakt unseres mehrtägigen Trips durch das Napa Valley, der Wein- und Oliven-Region Nord-Kaliforniens.
Als wir wieder auf der Erde sind, starten wir mit dem neuen Range Rover zur McEvoy Ranch, die genau wie Jaguar Land Rover, besonderen Wert auf Nachhaltigkeit legt und einen ganzheitlichen Anspruch verfolgt.
Als Nan McEvoy die über 220 Hektar große Farm vor 32 Jahren erwarb, stand sie auf trockenem und lehmigem Boden. Vorher wurden hier jahrzehntelang Rinder gezüchtet, und man verkannte die eigentliche Schönheit der hügeligen Landschaft. Nan McEvoys Vision war es, genau hier eine familiengeführte Farm zu gründen, welche über Generationen hinaus Olivenbäume bewirtschaftet. So wollte sie sich ein Stück ihrer geliebten Toskana mit ihren Olivenhainen in ihre Heimat holen. Mittlerweile hat die Farm 75 Angestellte, 14.000 Olivenbäume und sechs große Teiche zu deren Bewässerung. Die Familie lebt in dritter Generation auf dem großzügigen Grundstück, veranstaltet hier Events und lebt vom Verkauf des eignen Olivenöls verschiedenster Geschmacksrichtungen. Beim Thema Nachhaltigkeit spielt hier vor allem die Nutzung von Wasser eine zentrale Rolle, denn die Olivenbäume müssen regelmäßig bewässert werden. Hierbei setzt die Farmleitung unter Nion McEvoy auf ein ausgeklügeltes System aus Rohren, welche die sechs Teiche mit den Olivenbaum-Hainen verbinden. Es wird vollständig darauf verzichtet, Brunnen in die Erde zu treiben, um Grundwasser zu entziehen; vielmehr wird das von den Bergen herabrinnende Wasser aufgefangen und mittels Tröpfchenbewässerung punktgenau eingesetzt. Denn Regen ist in der Region ein seltenes Gut und nur von November bis April zu erwarten – dazwischen gibt es keinen Tropfen. Geerntet wird im Oktober und November. Per Hand versteht sich. Hierbei gilt es, zügig zu arbeiten, denn die gepflückten Früchte müssen schnell verarbeitet werden. Immer wieder finden sich auf der Farm auch Spuren der von Nachhaltigkeit geprägten Ursprungsvision der Ranchgründerin: So stammen Mahlwerk und die allermeisten Maschinen zur Gewinnung des Öls aus italienischen Altbeständen.
Nach einem letzten Blick über das weite Gelände der McEvoy Ranch zieht es uns weiter durch die frühsommerliche Landschaft Kaliforniens, und wir finden Zeit, um uns den neuen Range Rover, der seit Ende April in fünfter Generation auf dem Markt ist, etwas genauer anzusehen. Das erste SUV, das im Jahre 1970 etwas Luxus unter die Offroad-Fahrzeuge brachte, hat mittlerweile in seinem Segment eine führende Position inne. Der optisch gelungene Range Rover verbindet die Werte der Vergangenheit mit den hohen Anforderungen der Gegenwart.
In dem 2,5 Tonnen schweren Gefährt, das schnell eine Viertelmillion Euro auf der Preisliste erzielt, bewegt man sich ruhig und sicher auf den Straßen. Der Sechszylinder-Plug-in-Hybrid mit einer Systemleistung von 440 PS (324 kW) kann optional natürlich auch gegen die 510 PS (375 kW) Variante getauscht werden. Mit dem fast 40 kWh großen Akku schafft er eine zusätzliche elektrische Reichweite von mehr als 100 Kilometern. Wahlweise ist der Range Rover mit superkomfortablen Sitzen erhältlich, die beispielsweise aus der Firstclass guter Airlines bekannt sind (mega bequem und maximal verstellbar), oder mit einer dritten Sitzreihe, dann als 7-Sitzer. Darüber hinaus ist optional alles offen, denn hier setzt Land Rover auf
Individualisierung.
Anfänglich sind wir etwas erstaunt über die Leichtigkeit der Bewegung, außerhalb befestigter Straßen. Den neuen Range Rover als City-SUV zu bezeichnen, ist demnach weit gefehlt: Denn auch auf schwerem Gelände liefert der Brite eine souveräne Performance, die einem das Gefühl vollkommener Kontrolle verleiht. Doch um seinem modernen und unverkennba-ren Design nicht zu viel Schmutz und Schlamm zuzumuten, halten wir uns Offroad zurück, denn der nächste Halt ist das Robert Young Weingut in Geyserville, wo wir auf den Designer unseres bemerkenswerten Gefährts treffen.
Professor Gerry McGovern verantwortet als Chief Creative Officer des größten britischen Automobilherstellers zum zweiten Mal das Design der mittlerweile fünften Generation des Range Rover, der bereits seit 52 Jahren auf dem Markt ist und das Thema Luxus geprägt hat wie kaum ein anderes SUV.
Prof. McGovern, der Range Rover ist seit den 1970er Jahren fester Bestandteil des Weltbilds von Autoenthusiasten auf dem Globus: Wie gestaltet man eine Ikone neu?
Bei der Umgestaltung einer Ikone beginnt man, um die Wahrheit zu sagen, nicht wirklich stets von Neuem, sondern bei der jeweiligen DNA. Insbesondere bei so einem Flaggschiff wie unserem Range Rover. Das Design muss also bestimmte Elemente aufweisen wie eine durchgehende Seiten- und Dachlinie, optimierte Proportionen, ein hohes Maß an Formalität und Vollkommenheit – wunderschön und majestätisch zugleich. Die Grundinformation ist also da, nun kommt es darauf an, wie man diese neu interpretiert. Bei vielen Autofirmen muss etwas Neues immer etwas völlig Anderes sein. Bei unserem Range Rover gehen wir weitaus überlegter vor. Bevor wir tatsächlich anfangen, etwas zu formen, spielt sich in unseren Köpfen viel kreatives Denken ab. So hat der neue Range Rover ein gewisses Maß an Zurückhaltung, was Teil seines Charmes und seines modernen Ansatzes ist.
Recherchieren Sie viel, bevor Sie mit der Arbeit an einem neuen Produkt beginnen?
Nein, man geht ja auch nicht zum Kunden und fragt, wie das Design aussehen soll. Großartige Marken, großartige Produkte und großartige Designs stammen von ihren Schöpfern, ihren Urhebern. Es gibt ein wenig Kunden-Feedback, was am alten Range Rover besonders gefallen hat. Aber das sind mehr Spezifikationen, wie etwa, ob die Nutzer genug Platz darin haben. Jetzt fügt man die moderne Designphilosophie hinzu, bei der es um einen reduzierten Look geht, frei von Verzierungen: Man kann heute oft mit einer Linie den gleichen Effekt erzielen, wie früher mit fünf. Nun sind wir nicht plötzlich alle bessere Designer geworden, denn die meisten, die daran beteiligt sind,
waren dies bereits bei den vorhergehenden Generationen. Was sich geändert hat, ist die Fähigkeit, Dinge zu machen, die wir vorher nicht machen konnten. Und zwar durch die Entwicklung von
Design und Technik.
Ist die Vereinfachung des Designs hierbei das Hauptthema?
Die Ironie liegt in der reduktiven Natur des Designs: Diese Art von Einfachheit zu erzielen ist jedoch extrem komplex. Ein Thema für die nächste Generation wäre zum Beispiel die Benutzeroberfläche und das digitale Erlebnis. Zumal das Innere des Autos immer stärker mit seinem Äußeren vernetzt wird. Am Ende gilt es, etwas zu kreieren, was der Kunde besitzen möchte. Eine emotionale Bindung zu schaffen. Wir produzieren keine Ware. Die Verbraucher interessieren sich nicht für unsere Probleme, es interessiert sie nicht, wie schwierig es ist, dieses Teil zu konstruieren. Sie wollen das Beste, um es begehren zu können.
Gibt es ein persönliches Designhighlight beim neuen Range Rover?
Nein! Er bringt mich im Ganzen einfach zum Lächeln, wenn ich ihn betrachte.
Wie hat sich das Design von Land Rover in den letzten 50 Jahren verändert?
Wenn man sich die erste Generation ansieht, die knapp 30 Jahre lang auf dem Markt war, so ist in dieser Zeitspanne nicht viel passiert. Das Schöne am ursprünglichen Range Rover ist, dass er ein gewisses Maß an Kindlichkeit hatte, eine Art naive Natur, die ihn sehr charmant und sehr liebenswert machte. Außerdem war er sehr leistungsstark. Und daraus wurde der erste Luxus-SUV. Doch mittlerweile haben sich die Vorstellungen von Luxus weiterentwickelt. Sie könnten dieses Auto heute nicht mehr anbieten, weil es die Ansprüche nicht erfüllen würde – die Welt hat sich weiterentwickelt. Wir haben versucht, Original-momente des ersten Range Rover zu erhalten. Nicht im visuellen Sinne, sondern in emotionaler Hinsicht. Er fängt immer noch die Essenz des ersten Autos ein, und man sitzt immer noch hoch oben und hat dieses Gefühl von Autorität.
Inwieweit spielt hier Globalisierung eine Rolle, um Kunden weltweit anzusprechen?
Wenn Sie an Amerika in den späten 50er und 60er Jahren denken, so war das eine Welt in Überschwang. Vom Styling her eine überaus spannende Zeit. Dann begannen die Europäer nachzuahmen, was die Amerikaner machten, und danach die Japaner und Chinesen. Wir hatten eine Zeit, in der Autos aufgrund der Design-Gesetzgebung alle gleich aussahen. Heute hingegen sehen wir auf dem Markt viele Disruptoren. Meiner Meinung nach gibt es immer noch viele Fahrzeugdesigns, die nicht besonders überzeugen. Aber die großen Markenproduzenten, insbesondere in der Luxuswelt, erkennen, dass man Dinge schaffen muss, die besonders, die unterscheidbar sind.
Gefällt Ihnen diese disruptive Veränderung?
Absolut. Wir haben unsere eigene DNA, müssen uns auch dafür interessieren, was andere tun, sollten uns aber nie davon beeinflussen lassen. Ich erinnere mich an den Architekten Pierre Koenig, der viele revolutionäre Designs kreierte. Als ich ihn vor Jahren zum ersten Mal traf, fragte ich ihn: Wer hat Dich beeinflusst? Er schaute mich an und sagte: „Niemand!“ Das klingt im ersten Moment ein wenig arrogant, aber man beachte, dass die Medienlandschaft der 50er Jahre nicht mit der heutigen vergleichbar ist. Du wusstest im Grunde nie, was deine Kollegen gerade tun, und hast dein eigenes Ding gemacht. Das hat mich gelehrt: Will man wirklich originell sein, sollte man sich nicht einmal Notizen von dem machen, was andere tun. Doch genau das ist heute die Herausforderung, da man permanent mit Neuheiten Dritter konfrontiert wird.
Weitere Informationen:
www.landrover.de