Artur Dziuk „Das Ting“

Artur Dziuk wurde 1983 in Polen geboren. Er studierte in Berlin und machte den Master of Arts im Literarischen Schreiben an der Universität Hildesheim. Er gilt als eines der neuen jungen literarischen Talente: 2013 war er Finalist beim 21. open mike, er erhielt verschiedenste Stipendien und nahm an der Schreibwerkstatt der Jürgen Ponto-Stiftung teil. ›Das Ting‹ ist sein Romandebüt. Heute lebt er in Hamburg.

Synopsis: Vier junge Visionäre gründen in Berlin ein Start-Up up und entwickeln zusammen eine App: das sogenannte Ting, das körperbezogene Daten seiner Nutzer sammelt, auswertet und auf dieser Grundlage Handlungs- und Entscheidungsempfehlungen gibt. Das Prinzip Ting überzeugt – die App schlägt ein wie eine Bombe. Getrieben vom Erfolg entwickelt Mitgründer Linus die Möglichkeiten immer weiter, sein eigenes Leben und das der User mithilfe des Ting zu optimieren. Doch um neue Investoren für die Firma zu gewinnen, sind er und sein Team bald gezwungen, sich auf ein gefährliches Spiel einzulassen: Sie verpflichten sich vertraglich, künftig unter allen Umständen jeder Empfehlung des Ting zu gehorchen – mit verheerenden Folgen.

Leseprobe: Sein Spiegelbild in der gläsernen Drehtür wird mit jedem Schritt größer. Der neue Anzug scheint glänzend und glatt, doch Linus ahnt, dass die Fahrt Falten hineingedrückt hat. Heute darf er sich keine Fehler erlauben. Seine Performance muss tadellos sitzen. Seine Karriere – sein Leben hängt davon ab.

Wenige Meter über ihm, an der Glasfront des Towers, leuchtet der Schriftzug: Strindholm Consulting. Die Geräusche um ihn herum werden leiser. Bassgetriebene Musik aus einem Sportwagen. Das Gespräch mehrerer Männer, auf dem Weg in eine Szenekneipe. Das Lachen eines Liebespaares. Die Hitze der Sommernacht drückt auf seine Schläfen. Zur Sicherheit kontrolliert er das Display seines Smartphones. Keine Nachricht von Kira. Keine Empfehlung des Ting.

In der Lobby ist es still, die Deckenlampen sind gedimmt. Die weite Eingangshalle ist leer, abgesehen von einem Mann, der hinter einem Tresen sitzt, das Gesicht erhellt von einem Bildschirm. Wie ein steinerner Wächter, umgeben von Marmor und gläsernen Wänden. Er schenkt Linus keinen einzigen Blick. In fünf Minuten ist es 22 Uhr 30. Trotzdem ist niemand hier: keine Universitätsabsolventen, die flüsternd die Stationen ihres Lebenslaufs durchgehen. Sich gegenseitig taxieren. Keine Personaler, die ihn begrüßen. Ihm versichern, es gebe keinen Grund, nervös zu sein. Erklären, was er schon weiß. Dass Strindholm Consulting Bewerbungsverfahren in der Nacht abwickelt. Dass zwölf Bewerber eingeladen, geprüft, weggeschickt werden, wenn sie den Anforderungen nicht genügen. Dass, wer am Morgen übrig ist, gleich hierbleibt und den ersten Arbeitstag vor sich hat.

Linus streicht sein Sakko glatt, atmet tief ein. Und wieder aus. Wahrscheinlich warten Personaler und Bewerber in einem anderen Raum. Sein Hemd ist unangenehm feucht. Die klimatisierte Luft hat den Schweiß innerhalb von Sekunden abgekühlt. Er hebt unauffällig den Arm und neigt den Kopf, um seinen Körpergeruch einzuschätzen. Doch er ist nicht sicher, ob da überhaupt etwas ist. Die Schritte in den neuen Lackschuhen klingen laut auf dem Marmorboden, und er versucht, weniger stark aufzutreten. Noch immer schaut der Mann hinter dem Empfangstresen nicht auf. Auch nicht, als Linus direkt vor ihm steht. „Entschuldigung – ich bin wegen des Bewerbungsgesprächs hier.“ Endlich richtet der Mann seinen Blick auf Linus und faltet die Hände ineinander. Aus dem neutralen Gesichtsausdruck schält sich ein schmales Lächeln. „Guten Abend. Wie kann ich Ihnen helfen?“ Unter dem Anzug steckt ein athletischer Körperbau, obwohl der Mann die Fünfzig bereits überschritten haben muss. Linus denkt über die Berufsbezeichnung seines Gegenübers nach. Aber sie fällt ihm nicht ein. „Pförtner“ kann es nicht sein. Vielleicht ein Anglizismus. Dem Aussehen nach zu urteilen ist der Mann Geschäftsführer oder sogar Personaler. Linus stutzt. Was, wenn er tatsächlich Personaler ist? Und diese Situation, die leere Lobby, seine Unfreundlichkeit, Teil der ersten Prüfung …

 

Das Ting
Autor: Artur Dziuk
ISBN: 978 3 423 23006 3

Deutscher Taschenbuch Verlag (dtv)
www.read-bold.de

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